2013

22. 11.2013

„Dann mach doch die Bluse zu“ – Lesung und Diskussion mit Birgit Kelle in Pankow

Podiumsdiskussion unter Moderation von Christine von Leuckart, Wert der Freiheit gGmbH, mit Birgit Kelle, CDU-Stadtrat Dr. Torsten Kühne, und dem Vorsitzenden der CDL-Berlin, Stefan Friedrich

22.11.13-13Birgit Kelle war  von den CDU-Ortsverbänden Alt-Pankow und Prenzlauer Allee, dem Bezirksverband der Jungen Union und dem Landesverband Berlin der „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) eingeladen worden, ihr Buch in Berlin-Pankow vorzustellen. Im fast voll besetzten Pfarrsaal der Herz-Jesu-Kirche fand anschließende eine Podiumsdiskussion mit Birgit Kelle, Stadtrat Dr. Torsten Kühne (CDU) und Stefan Friedrich (CDL Berlin) unter Leitung von Christine von Leuckart statt. Kelle geht es  in „Dann mach doch die Bluse zu“ um ein „Plädoyer für ein selbstbestimmtes Leben“, um die Verteidigung des Rechts auf individuelle Lebensgestaltung angesichts eines zunehmenden Normierungsdrucks von Seiten des Staates und der Gesellschaft. So laufe etwa die massive und einseitige Förderung der Krippenerziehung für Kleinkinder auf eine Entflechtung von Elternschaft und Kindererziehung und somit auf eine schwer wiegende Entwertung der Familie als sozialem Raum hinaus. Dementsprechend schloss sich eine außerordentlich lebhafte und vielschichtige Publikumsdiskussion an, so dass die Veranstaltung zweieinhalb Stunden lang die knapp 100 Teilnehmer in ihren Bann zog.

In seiner Begrüßungsansprache betonte der CDL-Landesvorsitzende Stefan Friedrich die gesellschaftspolitische Relevanz der in Birgit Kelles Buch behandelten Themen und zeichnete damit zugleich die großen Linien vor, innerhalb derer die spätere Diskussion sich bewegen sollte: Letztlich gehe es in „Dann mach doch die Bluse zu“ um nichts Geringeres als um ein „Plädoyer für ein selbstbestimmtes Leben“, um die Verteidigung des Rechts auf individuelle Lebensgestaltung angesichts eines zunehmenden Normierungsdrucks von Seiten des Staates und der Gesellschaft. So laufe etwa die massive und einseitige Förderung der Krippenerziehung für Kleinkinder – ein zentrales Thema des Abends – auf eine Entflechtung von Elternschaft und Kindererziehung und somit auf eine schwer wiegende Entwertung der Familie als sozialem Raum hinaus. Mit ihrem doppelten Zweck, die Eltern möglichst uneingeschränkt für den Arbeitsmarkt verfügbar zu halten und die Kinder nahezu von Geburt an unter der Obhut des Staates aufwachsen zu lassen, erweise sich die Forcierung der Krippenerziehung als Frucht eines rein funktionalistischen Menschenbildes, dessen zentraler ethischer Maßstab ein „Utilitarismus im Sinne von Wirtschaftlichkeit“ sei. Dies sei, so Friedrich, im Kern dasselbe Menschenbild, das auch in den Forderungen nach Ausweitung der Möglichkeiten vorgeburtlicher Selektion „lebensunwerten“ Lebens – etwa mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik (PiD) –, Legalisierung von Euthanasie sowie einer immer weiteren Liberalisierung des Abtreibungsstrafrechts zum Ausdruck komme. Somit seien Birgit Kelles Thesen auch im Zusammenhang mit den drängenden bioethischen Kontroversen unserer Zeit zu betrachten.

 

16.08.2013

Lesung von Holger Doetsch: Organhandel und Pädophilie – Kambodschas vergessene Kinder (von Norman Gutschow)

Vortrag von Holger Doetsch bei den „Christdemokraten für das Leben“ über die Zustände in Kambodscha schockiert die Zuhörer: Kinder sind Opfer von Organhändlern, Pädophilen und Drogenhändlern.

Der berliner CDL-Vorsitzende Stefan Friedrich, Holger Doetsch und Dr. Philipp Lengsfeld

Der Berliner CDL-Vorsitzende Stefan Friedrich, Holger Doetsch und Dr. Philipp Lengsfeld

In Kambodscha verschwinden immer wieder Kinder. Sie sind einfach „weg“. Sie werden den ungebildeten Eltern für ein paar hundert Dollar und dem Versprechen auf eine bessere Zukunft ihres Kindes im „Westen“ abgekauft und dann zu Opfern von Organhändlern, Pädophilen und Drogenhändlern. Dieser traurigen Realität versucht Holger Doetsch (im Foto ganz rechts) mit seinem Verein PROtect KIDS Kambodscha e. V. entgegenzutreten, um den vergessenen Kindern Kambodschas zu helfen.

Auf Einladung der CDL-Berlin las Doetsch am 16. August im Berliner Restaurant „Cum Laude“ aus seinem noch unveröffentlichten Kambodscha-Roman, stellte seinen Hilfsverein vor und schilderte die dramatische Situation so vieler Kinder in Kambodscha. Als Moderator konnte der CDU-Bundestagskandidat von Berlin Mitte, Philip Lengsfeld (im Foto in der Mitte), gewonnen werden, der wie alle Anwesenden, immer wieder nur Bedauern für die tragischen Vorgänge in dem kleinen Land ausdrücken konnte.

Schockiert hörten die Zuhörer Schilderungen von Leichenfunden junger Kinder, die nach Organentnahmen getötet und dann in Mülltonnen „entsorgt“ wurden. Laut Holger Doetsch hat sich seit der Zeit der Terrorherrschaft der Roten Khmer und dem anschließenden Bürgerkrieg auch in den letzten zwanzig Jahren nicht viel für die Kinder in Kambodscha verändert. Viele Familien leben in bitterster Armut, seien teilweise Analphabeten und wüssten kaum, wie sie sich und ihre Kinder durchbringen sollten. Von daher würden sehr viele den Europäern und Amerikanern gern Glauben schenken, dass diese ihren Kindern eine bessere Zukunft im Ausland ermöglichen wollen. Für 150 bis 200 Dollar kann so ein Junge seinen Eltern abgekauft werden, Mädchen ab 250 Dollar. In Kambodscha sind dies mehrere Monatsgehälter. Dazu kommen viele “vergessene Kinder”, die arm, von ihren Eltern verstoßen oder verwaist sind. Körperlich und geistig behinderte Kinder werden versteckt und haben keinerlei Rechte. Skrupellose Organhändler und Pädophile aus Amerika und Europa machen sich diese Unwissenheit und das krasse Wohlstandsgefälle zu nutze.

In Siem Reap, einer Kleinstadt mit etwa 140.000 Einwohnern, finden sich jedes Jahr über eine Million Touristen ein, um die größte Tempelanlage der Welt, Angkor Wat, zu besichtigen. Dabei zahlen sie allein Hotelpreise, die das Jahresgehalt eines Kambodschaners ausmachen.

Diese prekäre Situation hat ein ideales Klima geschaffen für drei Gruppen, die Kinder nur als Objekte oder Ware betrachten.

Zum einen Organhändler und Pädophile aus dem Ausland, dann aber auch einheimische Drogenhändler.

Die kambodschanischen Kriminellen geben Kindern zunächst ein oder zweimal kostenlos Crystal Meth, was sie umgehend abhängig macht, um dann vom Verkauf der Drogen an die nun süchtigen Kinder zu profitieren. Die Sucht führt dann viele der Kinder dazu, ihren Körper zu verkaufen. Zumeist enden sie dann in den Bordellen für Kinderschänder in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh oder in Sihanoukville.

Die ausländischen Kinderschänder und Organhändler sind dagegen mafiös organisiert und lassen sich Kinder zuführen. Vor allem in den USA und Frankreich werden bestimmte Organe geradezu „bestellt“. Mittelsmänner und -frauen kaufen den Eltern ihre Kinder ab und skrupellose Ärzte entnehmen in Kambodscha oder Thailand die Organe, die dann anschließend zu den „Kunden“ ausgeflogen werden.

Holger Doetsch versucht mit seinem Verein diesem verbrecherischen Treiben entgegenzuwirken und einigen Kindern eine gesicherte Zukunft zu ermöglichen. PROtectKids Kambodscha unterstützt durch das Einsammeln von Spenden sowie das Werben und Vermitteln um und von Patenschaften in der kambodschanischen Provinz Siem Reap die Freundinnen und Freunde der nicht staatlichen Organisation “Kidscare Cambodia”. Damit können in Kambodscha diesen Kindern Nahrung und Kleidung zukommen und ihnen Schulbildung, Hygiene und das Verhalten gegenüber westlichen Touristen und ihren Avancen beigebracht werden, sie nicht Opfer von Kinderschändern und Organhändlern werden. Derzeit hat der kleine Verein gemeinsam mit den Partnerverbänden aus Frankreich, der Schweiz und Neuseeland für 432 Kinder Patenschaften organisiert. Diese Zahl erscheint zunächst nicht groß, aber Doetsch erklärte, dass man so wenigstens gewährleisten könne, dass die Spenden auch tatsächlich bei den betroffenen Kindern ankämen und nicht in der Verwaltung von Großorganisationen und staatlichen Stellen verschwinden.

Zur bitteren Erfahrung der Hilfe für die vergessenen kambodschanischen Kinder gehört leider auch, dass selbst die Patenkinder nicht zu hundert Prozent zu beschützen sind. Dieses traurige Schicksal ist auch dem Patenkind von Holger Doetsch selbst widerfahren. Der 12jährige Pan wurde gezielt von Crystal Meth abhängig gemacht und ist seit Dezember 2012 nicht mehr auffindbar. Doetsch hat konkrete Hinweise darauf, dass der arme Junge, den er noch ein halbes Jahr zuvor in Kambodscha besucht hatte, in ein Kinderbordell verschleppt wurde. Trotz der Bemühungen des Vereins und seiner Partnerverbände sind im Jahr 2012 insgesamt fünf ihrer Patenkinder verschwunden. Sie waren, wie leider allzu oft in Kambodscha, einfach weg.

Verein PROtectKids Kambodscha e. V.

 

 

16.05.2013

MdB Norbert Geis in Alt-Pankow:  45 Jahre Politik- Eine Bilanz
(Von Dr. Tobias Klein)

Bundestagsabgeordneter Norbert Geis (CSU): Eine Gesetzgebung, die die Institution der Familie schwächt, stellt eine Bedrohung für die christlich fundierte Kultur Deutschlands und Europas dar.

Norbert Geis, MdB (CSU)

Patrick D. Albertsmeyer, Stefan Friedrich, Norbert Geis und Michael Büge

Norbert Geis, geboren 1939, ist seit 1987 Bundestagsabgeordneter für die CSU; zuvor war er fünf Jahre lang Mitglied des Bayerischen Landtags. Dem 18. Deutschen Bundestag, der im September gewählt wird, wird er nicht mehr angehören. Auf Einladung des Ortsverbands Alt-Pankow der Berliner CDU hielt der streitbare Konservative nun am 16. Mai im Landhaus Pankow einen Vortrag über seine „Bilanz nach 45 Jahren Politik“.

Für die Veranstaltung geworben hatten auch die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL), deren stellvertretender Bundesvorsitzender Norbert Geis lange Jahre gewesen ist. Der Berliner CDL-Landesvorsitzende Stefan Friedrich, der als Moderator durch den Abend führte, würdigte Geis in seinen Begrüßungsworten als „unbeugsamen Streiter für Frieden und Gerechtigkeit“ und als überzeugten und engagierten katholischen Christen. In seinem rund einstündigen Vortrag legte Norbert Geis einen klaren Schwerpunkt auf Fragen des Lebensschutzes sowie des christlichen Menschen- und Familienbildes.

Lebensschutz als erste und wichtigste Aufgabe des Staates

So erinnerte Geis an die Entwicklung des Abtreibungsstrafrechts in Deutschland seit den 70er Jahren: 1973 sei die CDU/CSU-Bundestagsfraktion noch gegen die von der sozialliberalen Regierungskoalition angestrebte Fristenregelung vors Bundesverfassungsgericht gezogen – mit Erfolg: Am 25.02.1975 erklärte das Gericht die Neuregelung des § 218 für verfassungswidrig.

Als Kompromisslösung wurde damals die Indikationsregelung geschaffen; laut Norbert Geis’ Einschätzung erwies sich jedoch bald „die vierte, die sogenannte soziale Indikation“ als „das Scheunentor, durch das nahezu alle Abtreibungen durchgelassen wurden“.

Die nach der Wiedervereinigung als Kompromiss zwischen bundesrepublikanischem und DDR-Abtreibungsstrafrecht geschaffene Fristenregelung mit Beratungspflicht lehne er persönlich bis heute ab, erklärte Geis; der verbreiteten Auffassung, das Strafrecht sei kein geeignetes Mittel zum Schutz des ungeborenen Lebens, widersprach er: „Der Schutz des Lebens ist die erste und wichtigste Aufgabe, weil das Leben ein elementares Gut ist. Der Staat hat die Pflicht, das Leben zu schützen mit seiner stärksten Waffe – und das ist das Strafrecht!“ Er räumte allerdings ein, dass er für eine Umkehrung des Trends zur immer weiteren Liberalisierung des Abtreibungsstrafrechts keine realistischen Chancen sieht.

„Wir sind nicht das Schicksal!“

Als einen weiteren Aspekt der Auseinandersetzungen um das vorgeburtliche Lebensrecht führte Geis das Thema Präimplantationsdiagnostik (PID) an, also die genetische Untersuchung eines außerhalb des Körpers (in vitro) erzeugten Embryos vor dessen Implantation in die Gebärmutter der Frau – üblicherweise mit dem Ziel, Embryonen, bei denen genetische Defekte festgestellt werden, gar nicht erst zu implantieren.

„Das ist nichts anderes als eine Selektion!“ stellte Geis fest und erklärte ein solches Vorgehen für unvereinbar mit der menschlichen Würde, die auch einem „in vitro“ gezeugten Embryo zustehe: „Wir sind nicht das Schicksal!“ Die strenge Haltung der Lebensschützer gegenüber der PID habe sich im Bundestag jedoch nicht durchsetzen lassen.

Das Ergebnis sei „wieder einmal ein halbweicher Kompromiss“ gewesen, der die PID in solchen Fällen zulässt, in denen die genetische Veranlagung der Eltern eine schwerwiegende Erbkrankheit wahrscheinlich macht. „Im internationalen Vergleich“, betonte Geis jedoch, „ist unsere Regelung aber besser als viele andere.“

„Im Zweifel für das Leben“

Mit Blick auf die aktuellen Auseinandersetzungen um die Legalisierung von Sterbehilfe betonte Geis den qualitativen Unterschied zwischen „sterben lassen“ und „töten“. In inhaltlicher Übereinstimmung mit dem Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2278 – allerdings ohne sich darauf zu berufen –, erklärte er, es sei durchaus moralisch vertretbar, einen Patienten, bei dem nur noch die vegetativen Körperfunktionen künstlich aufrecht erhalten werden könnten, durch die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen sterben zu lassen; hingegen seien aktive Sterbehilfe oder assistierter Suizid der Tötung auf Verlangen gleichzustellen, die nach deutschem Recht aus guten Gründen verboten sei.

Der Wunsch zu sterben sei in aller Regel als Symptom einer psychischen Erkrankung zu betrachten, die durchaus therapierbar sei; daher könne der Todeswunsch eines Menschen niemals einem anderen Menschen das Recht geben, diesen tatsächlich zu töten.

Aber auch im Bereich der passiven Sterbehilfe dürfe man sich, so Geis, die Entscheidung darüber, wann man einen allem Anschein nach todgeweihten Patienten sterben lassen dürfe, nicht zu leicht machen; auch Patientenverfügungen seien hier kein Freifahrtschein.

Geis gab zu bedenken, dass Patientenverfügungen in aller Regel zu einem Zeitpunkt ausgestellt werden, wenn die betreffenden Personen noch gesund sind und sich gar nicht vorstellen können, wie sehr sie im Ernstfall womöglich am Leben hängen – dann aber vielleicht nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebenswillen zu kommunizieren. Es liege daher in der Verantwortung der Ärzte wie auch der gesetzlichen Vertreter der Patienten, sich „im Zweifel für das Leben“ zu entscheiden.

Schutz von Ehe und Familie als Staatsziel (Art. 6 GG)
Seine Ausführungen zur Familienpolitik leitete Norbert Geis mit einigen Bemerkungen zur dramatisch niedrigen Geburtenquote in Deutschland ein. Als eine zentrale Ursache hierfür machte er die fortschreitende Auflösung von familiären Strukturen aus: Es liege auf der Hand, dass intakte Ehen und ausgeprägte familiäre Bindungen die besten Voraussetzungen für den „Mut zum Kind“ böten. Ein klares Indiz hierfür sei der im Vergleich zur Gesamtbevölkerung signifikant größere Kinderreichtum in Migrantenfamilien, die sich häufig durch ausgeprägten Familienzusammenhalt auszeichneten.

In diesem Zusammenhang betonte Geis auch die herausragende Bedeutung der Familie für die Bewahrung und Weitergabe kultureller Identität: „Die Geschichte lehrt, dass Kulturen sterben und untergehen können. Die Familie hat die Aufgabe, Kultur zu erhalten, zu bewahren.“

Die kulturelle Identität Deutschlands und Europas sei im Kern eine christliche, weshalb man sich nicht damit zufrieden geben dürfe, dass die Geburtenquote in Deutschland durch den Kinderreichtum muslimischer Zuwanderer aufgebessert werde. Geis verwies auf Artikel 6 des deutschen Grundgesetzes, der den Schutz von Ehe und Familie als Staatsziel festschreibt: „In diesem Punkt, das wage ich zu behaupten, waren die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes vom Heiligen Geist beseelt.“

Eine Gesetzgebung, die den im Grundgesetz verankerten Schutz von Ehe und Familie untergrabe, gefährde daher die Lebensgrundlagen der Kultur, führte Geis weiter aus. Vor diesem Hintergrund kritisierte er die Bestrebungen zur Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe: Das Ansinnen, die Begriffe „Ehe“ und „Familie“ so umzudefinieren, dass sie auch homosexuelle Lebenspartnerschafte einschließen – ein Ansinnen, das auch vom Bundesverfassungsgericht unterstützt bzw. mit vorangetrieben wird – , verkenne den Sinn der rechtlichen Privilegierung der Ehe: Diese, verstanden als der Intention nach lebenslange Bindung zwischen einem Mann und einer Frau, sichere nicht nur die Generationenfolge, sondern sei auch hinsichtlich der Vermittlung von „Daseinskompetenz“ an die Kinder durch keine andere Institution zu ersetzen.

„Nichts und niemand kann die Kinder so gut mit den Fähigkeiten ausstatten, das Leben zu meistern, wie Vater und Mutter das können – durch ihre besondere Nähe zum Kind.“ Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass hierfür besonders die ersten drei Lebensjahre des Kindes entscheidend sei; deshalb wandte Geis sich entschieden gegen Bestrebungen, Kinder unter drei Jahren in Krippen statt im Kreise der Familie zu erziehen.

Zur Ausweitung des Adoptionsrechts für homosexuelle Paare merkte Geis an, bei Adoptionen müsse dem Wohl des Kindes höheres Gewicht zukommen als dem Kinderwunsch des Paares; die Zahl der adoptionswilligen Paare übersteige die Zahl der zur Adoption stehenden Kinder schon jetzt um ein Vielfaches. Es liege aber auf der Hand, dass ein Kind bei Vater und Mutter besser aufgehoben sei als bei zwei gleichgeschlechtlichen Adoptiveltern; darum sei eine Ausweitung des Adoptionsrechts für homosexuelle Paare schlicht unsinnig.

Solidarität mit Michael Büge

Mit rund 60 Teilnehmern war die Veranstaltung im Landhaus Pankow sehr gut besucht; besonders herzlich begrüßten die Veranstalter den Bezirksvorsitzenden der CDU Berlin-Neukölln, Michael Büge, der wenige Tage zuvor in einem Aufsehen erregenden Akt als Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales entlassen worden war. Grund für die Entlassung des über die Parteigrenzen hinweg anerkannten Sozialpolitikers war seine Mitgliedschaft in der Studentenverbindung Gothia. Im Anschluss an den Vortrag von Norbert Geis wurde Michael Büge Gelegenheit gegeben, zu den Vorgängen Stellung zu nehmen, die von vielen Beobachtern als ein weiteres Beispiel dafür wahrgenommen werden, dass Persönlichkeiten, die sich als konservativ, womöglich gar als christlich-konservativ positionieren, der öffentlichen Meinung gegenüber einen zunehmend schweren Stand haben – selbst innerhalb der CDU. Büge selbst betonte, seine Entlassung sei lediglich von einigen Wenigen betrieben worden; und abgesehen davon, dass niemand, auch nicht die Opposition, einen Zweifel daran gelassen habe, dass er sein Amt in vorbildlicher Weise ausgeübt habe, habe er in den zurückliegenden Tagen große Sympathie und Solidarität erfahren – nicht nur aus seinem eigenen Bezirksverband, nicht nur von der Parteibasis, sondern auch aus der Fraktion. Der Applaus, der auf seine Worte folgte, bewies, dass auch das Publikum im Landhaus Pankow hinter ihm stand.

31. Januar 2013

Buchvorstellung „Abtreibung – ein Menschenrecht?
mit Mechthild Löhr und Thomas Döflinger in Berlin  (von Stefan Ahrens)

Wer der Meinung ist, dass die Vorstellung eines Buches zum Thema „Abtreibung“ in der als äußerst säkular geltenden Stadt Berlin automatisch zu einer Veranstaltung zu werden droht, die unter Ausschluss der  Öffentlichkeit stattfinden muss, wurde am 30. Januar 2013 eines Besseren belehrt.

Gut sechzig interessierte Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung des Berliner Landesverbandes der „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) in die „Bibliothek des Konservatismus“ in Berlin-Charlottenburg, um an der Buchvorstellung des von Bernward Büchner, Claudia Kaminski und Mechthild Löhr herausgegebenen Sammelbandes „Abtreibung – ein neues Menschenrecht?“ (SINUS-Verlag, 2012) teilzunehmen. Als besondere Gäste der vom CDL-Landesvorsitzenden Stefan Friedrich moderierten Veranstaltung  konnten die Mit-Herausgeberin und CDL-Bundesvorsitzende Mechthild Löhr sowie der CDU-Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende des Kolpingwerks der Katholischen Kirche, Thomas Dörflinger, gewonnen werden.

Dörflinger „outete“ sich gleich zu Beginn des Abends als begeisterter Leser von „Abtreibung – ein neues Menschenrecht?“ und stellte den Sammelband sowie die Beiträge der zwölf Autorinnen und Autoren als zugleich unzeitgemäßen wie aber auch wichtigen Beitrag zur Debatte um den Lebensschutz vor. Unzeitgemäß vor allem deshalb, weil Abtreibung in den Medien und damit im öffentlichen Diskurs kein wirklich relevantes Thema mehr sei und wiederum wichtig, weil es genau dies zu ändern gelte. Denn – wie es auch der Intention des Buches selbst entspricht –  gibt es in der breiten Öffentlichkeit allgemein eine zu geringe Kenntnis über die medizinischen, rechtlichen und auch moralischen Dimensionen von Abtreibungen, über die dieses Buch hervorragend aufkläre. Als Politiker und Anhänger der katholischen Soziallehre wies er darauf hin, dass er persönlich dafür plädiere, das Thema Abtreibung nicht primär „mit dem Strafgesetzbuch“ in der Hand zu diskutieren, sondern es vor allem aus familienpolitischer Perspektive zu betrachten und sich darum zu bemühen, Abtreibungen letztendlich durch wirkliche Fürsorge und Hilfe für potentiell oder tatsächliche  Betroffene überflüssig zu machen.

Mechthild Löhr wiederum skizzierte die Grundintentionen des Sammelbandes und erläuterte in diesem Zusammenhang den Grundwiderspruch zwischen dem Recht des ungeborenen Kindes auf Leben und einem angeblich vorhandenen Recht der Frau, dieses zu beenden, welches landläufig und allgemein mit dem Selbstbestimmungsrecht der Frau begründet wird. Gerade letzteres ist jedoch in keiner Weise durch die geltende Rechtslage in Deutschland gedeckt: Denn Abtreibung, so Löhr,  ist in Deutschland laut geltendem Recht eine Straftat, die bloß unter bestimmten Bedingungen nicht verfolgt wird – eine Tatsache, die den meisten Menschen in Deutschland vollkommen unbekannt ist.

Stattdessen gebe es sowohl in Deutschland als auch auf internationaler Ebene die Tendenz, die Abtreibung als Teil der Gesundheitsdienste mit einem Rechtsanspruch zu versehen und damit das, so Löhr, gravierendste Tötungstabu der menschlichen Kulturgeschichte – die Tötung des Kindes durch die eigene Mutter – bedenkenlos zu einem Aspekt des „Reproduktionsrechts“ der Frau umzudeuten.

Dieses zu thematisieren und öffentlich zu problematisieren stößt jedoch laut Mechthild Löhr vor allem auf zwei große Hindernisse: Zum einen das statistisch belegte Problem, dass beispielsweise in Deutschland  zu viele Menschen direkt oder indirekt schon einmal selbst mit einer Abtreibung oder mehreren Abtreibungen zu tun hatten. Und zum anderen dass es für einen wirklichen Lebenschutzdiskurs  einerseits keinen gesellschaftlichen Konsens gibt und andererseits zu große  Unterschiede in den philosophischen Orientierungen und Ansichten zu diesem Themenkomplex vorhanden sind, die aufgrund der komplexen und voraussetzungsreichen Problematik sich als diskurshemmend erweisen. Um dieses Dilemma zu verdeutlichen erklärte Mechthild Löhr, dass beispielsweise Abtreibungsbefürworter oftmals einen präferenzutilitaristischen Standpunkt  im Zusammenhang mit der Verfahrensweise gegenüber ungeborenem Leben vertreten und Lebenschützer fast ausschließlich einen ontologischen Standpunkt einnehmen (wie ihn zum Beispiel die katholische Kirche vertritt), indem sie darauf beharren, einen Menschen „von Anfang an“ als Menschen zu behandeln und daraus das unbedingte Lebensrecht des ungeborenen Kindes allein aus dessen Würde als Mensch ableiten. Diese Standpunkte stehen sich diametral gegenüber und erweisen sich – für alle sichtbar – zwangsläufig als unvereinbar.

In weiteren Ausführungen und der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurden interessante Aspekte und Fakten bezüglich der Abtreibungspraktiken in verschiedenen Ländern deutlich. Hierzu gehörten von Mechthild Löhr genannte alarmierende Zahlen aus Russland, welche scheinbar dazu führen könnten, dass Abtreibungen in Russland grundsätzlich verboten werden. Außerdem ergibt sich aus demographischen Perspektiven heraus die grundsätztliche Möglichkeit, dass zum Beispiel in Deutschland aufgrund des Anstiegs der muslimischen Bevölkerung sich innerhalb der Gesellschaft eine eher kritische Haltung zum Thema Abtreibung durchsetzen könnte. Und auch der alljährlich in Berlin stattfindende „Marsch für das Leben“ erhielt vom Bundesvorsitzenden des Kolpingwerkes, Dörflinger, noch eine besondere Aufwertung: Auf Rückfrage aus dem Publikum bestätigte er, dass es dem Kolpingwerk – obwohl er dieses als Bundesvorsitzender aufgrund der subsidiaren Strukturen nicht verordnen könne und möchte – durchaus gut zu Gesicht stünde, ebenfalls dort sichtbar Präsenz zu zeigen.

Das Thema Lebensschutz gehört in den öffentlichen Diskurs. Am 30. Januar wurde deutlich, wie es gelingen kann, dieses zu bewerkstelligen.